Vorstellung der Grabungsergebnisse bei Romrod-Zell
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Am Standort der WEA 4 wurde zunächst ein Hügelgrab, das im Zuge der systematischen Vorerkundung bekannt geworden war, vollständig ausgegraben und dokumentiert. Der Hügel enthielt noch die Reste von mindestens einer Bestattung in Form von verstreuten Keramikscherben und Leichenbrand, ferner war der ehemalige Aufbau des Grabhügels aus konzentrisch angeordneten Steinlagen auf einem Steinpflaster gut zu erkennen. Außerdem sind im Umfeld zwei weitere künstlich angelegte Steinhaufen festgestellt worden, die deutlich kleiner aber ebenfalls sorgfältig aufgebaut waren, von denen aber nur einer noch Keramikscherben und Spuren von Leichenbrand enthielt. Damit konnten an der WEA 4 die Reste eines vorgeschichtlichen Bestattungsplatzes dokumentiert werden, der als Teilbereich im weiträumigen Gebiet des Romröder Berges mit zahlreichen Grabhügeln gehört.
Zudem wurde in der Zufahrtstrasse zum Baufeld 4 im Oberbodenbereich eine unspezifische Konzentration vorgeschichtlicher Keramikscherben beobachtet, deren Charakter – Siedlungs- oder Bestattungskontext? – zunächst noch unklar ist. Erst die weitere Auswertung der Grabungsunterlagen wird dann wohl auch Hinweise auf die engere zeitliche Einordnung der Funde und Befunde von dem Baufeld der WEA 4 liefern können.
Am Standort der WEA 2 hatten zunächst markante Geländereliefmerkmale von Wege- und Flurrelikten im Zusammenhang mit bereits bekannten nahebei gelegenen Hügelgräbern eine archäologische Relevanz angezeigt. Bei näherem Hinsehen konzentrierte sich der Verdacht auf eine größere Steinanhäufung, die bauvorgreifend kontrolliert abgetragen werden sollte. Schon im Zuge der Freiräumung dieses Befundes zeigte sich rasch, dass man es mit einer recht großen, künstlich regelhaft aufgebauten Anlage zu tun hat. Im weiteren Untersuchungsverlauf gab sie sich als regelmäßig langrechteckige Steinsetzung (16 x 4 m Kantenlänge) aus unterschiedlich, aber meist großen und zu einem großen Teil noch aufrecht stehenden Steinblöcken, eingebettet in sehr viel kleinsteinigem Füllmaterial zu erkennen. Außer den seitlichen Wandfluchten sind auch Binnenuntergliederungen durch querlaufende Steinreihen erkennbar. Aus der freigelegten Auffüllung des Innenbereichs sind bisher neben einigen mittelalterlichen Scherben und einem Reitersporn aus dem 13./14. Jahrhundert nur zwei vorgeschichtliche Keramikscherben geborgen worden. Letztere können aufgrund ihrer Machart jedoch dem jungsteinzeitlichen Befundtyp durchaus zugeordnet werden. Die mittelalterlichen Funde sind zwanglos mit dem unmittelbar westlich vorbeiführenden alten Weg von Romrod nach Alsfeld zu verbinden. Die abschließende Untersuchung der Anlage wird vermutlich noch weitere einschlägige Funde erbringen.
Insgesamt entsteht das Bild einer zwar stark gestörten, aber in seinen Grundzügen noch klar erkennbaren megalithischen Anlage (=Großsteingrab). Die Lage an einem sanft geneigten Hang bzw. fast auf einer Kuppe über dem Talgrund erscheint geradezu klassisch. Derartige Anlagen sind in Mitteleuropa in der Jungsteinzeit (Neolithikum) zwischen 3.500 und 2.800 v.Chr., während der sog. Wartberg-Kultur, weit verbreitet, jedoch in der Region Alsfeld und Vogelsberg bisher nicht gefunden worden. Vergleichbare Megalithgräber finden sich erst wieder in der Region zwischen Marburg und Limburg sowie vornehmlich in Nordhessen. Somit ist dieser Neufund als Bindeglied zwischen den beiden Regionen anzusehen und als sehr bedeutend für die hessische Landesarchäologie zu werten.
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