Führung der Paläontologischen Denkmalpflege im Dyckerhoff-Steinbruch
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Die mit 65 Teilnehmer*innen außerordentlich gut besetzte Führung wurde seitens des LfDH von Dr. Jan Bohatý (Leiter Paläontologische Denkmalpflege, hA) - und seitens des NVN von Dr. Helmut Arnold (1. Vorsitzender) und Wolf-Rüdiger Wandke (Vorstandsmitglied) geleitet.
Die Teilnehmer*innen hatten hierbei Gelegenheit, in nur wenigen hundert Metern Fußmarsch aus einem Meer kommend über eine verlandende Küste „an Land zu steigen“ - und schließlich ein Flusssystem zu „durchqueren“. Die erdgeschichtliche Reise endete auf einem eiszeitlichen Lössboden. Während der Exkursion berichteten die jeweiligen Fossilien über die damaligen Umweltbedingungen.
Die Führung begann im küstennahen Bereich des Mainzer-Tertiärmeeres bzw. erdgeschichtlich im frühen Miozän der ca. 22 Mio. Jahre alten Wiesbaden-Formation innerhalb des Paläontologischen Bodendenkmals „Algenriff der Wiesbaden-Formation, Steinbruch Ostfeld“. Lithologisch treten innerhalb der untersten Schichteinheiten Tone und Tonmergel auf, in denen fossile Sandfischskelette vorkommen. Diese Tonmergel werden von einer Wechsellagerung aus Kalken und Tonmergeln überlagert, in welcher Hydrobien-Wattschnecken in Massenvorkommen auftreten. Als Besonderheit konnten zudem symbiotische Fossilvergesellschaftung aus Algen und Cyanobakterien in Form von „Algenriffen“ betrachtet werden.
Oberhalb der 22 Mio. Jahre alten marinen Ablagerungen begaben sich die Teilnehmer*innen nun in das fossile Flusssystem des Paläontologischen Bodendenkmals „Mosbach-Sande, Steinbruch Ostfeld“. Nach der Verlandung des miozänen Mainzer-Tertiärmeeres hatten vor allem Flüsse in der Zeit zwischen spätem Miozän bis zum späten Altpleistozän zur stetigen Sedimentabtragung und Erosion geführt. Diese Prozesse ließen eine Überlieferungslücke, beziehungsweise eine „Zeitlücke“, von etwa 20 Millionen Jahren zurück, die sich im Gelände durch den unmittelbaren Kontakt zwischen miozänen Kalken und zirka 600.000 Jahre jungen, z.T. schräg- und kreuzgeschichteten Flusssedimenten aus Sanden, Kiesen und Driftblöcken des Ur-Mains und Ur-Rheins abzeichnet. Diese sogenannten Mosbach-Sande sind bekannt für ihr Vorkommen fossiler Säugetiere, das aufgrund der zum Teil mehrfachen Um- und Ablagerungen ein reiches Spektrum warm- und kaltzeitlicher Organismen aufweist. Deshalb sind unterschiedlich alte Knochen warm- und kaltzeitlicher Tiere in den Sedimentschichten nebeneinander liegend aufzufinden. Das Paläontolgische Bodendenkmal ist berühmt für sein Vorkommen mittelpleistozäner Säugetiere wie Steppenelefant (Mammuthus trogontherii) oder Nashorn (Stephanorhinus).
Das aufgeschlossene Profil der Mosbach-Sande wird von kaltzeitlichen Lössdecken und Bodenbildungen abgeschlossen.
Auch im Namen des Nassauischen Vereins für Naturkunde dankt die hessenARCHÄOLOGIE den Teilnehmer*innen für ihr zahlreiches Erscheinen und das rege Interesse an den paläontologischen Bodendenkmälern der hessischen Landeshauptstadt - sowie der ELW und der DBW Recycling GmbH für die Zutrittsgenehmigungen.
Dr. Jan Bohatý & Dr. Patrick Zell, Landesamt für Denkmalpflege Hessen, hessenARCHÄOLOGIE
24.06.2020