Vom Leben mit der Geschichte eines 300 Jahre alten Ackerbürgerhauses
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Ohne Hausgeist geht es nicht
Gespenstisch war der erste Eindruck schon ein wenig. Das Labyrinth der schwach beleuchteten Räume, die knarrenden Dielen der langen Flure, ächzende Treppenstufen, hier und da verstaubte Relikte vergangener Generationen. Die Zeit schien im Haus irgendwann stehen geblieben zu sein. Als heiße es neues Leben willkommen, umfing es uns aber sofort mit seiner warmen, einladenden und geheimnisvollen Atmosphäre. So war es Liebe auf den ersten Blick und zwar nicht etwa nur von unserer – nein, sicher von beiden Seiten. Denn die Seele ist dem 300 Jahre alten Fachwerkbau geblieben, auch wenn die Familien vor uns längst gegangen sind. Wir leben nicht alleine in unseren 16 Räumen. Da gibt es hungrige Mäuse in der Vorratskammer und den Marder, der sich in kalten Nächten im Stroh auf dem Dachboden wärmt. Aber es gibt auch einen Geist, der manchmal auf sich aufmerksam macht. Meist nachts, wenn der Herbstwind durch die Altstadtgassen fegt, dann heult er drinnen laut, lässt Türen schlagen, alte Fenster in den Rahmen scheppern, Geschirr in den Schränken klirren. Einmal habe ich mich mit ihm angelegt, ganz arglos: Als ich nämlich auf der morschen Holzdecke über der Waschküche kniete, um Gerümpel wegzuräumen. Da hat er sich plötzlich schwer an die Balken gehängt, mir den Boden unter den Füßen weggezogen. Ganz langsam, wohl eher als Warnung: Pass' auf, was Du da anrührst! Inzwischen weiß er freilich, dass wir seinem Haus keine Gewalt antun werden. Dass wir glücklich sind, mit der Geschichte und den Geschichten des „Weißen Hofes“ zu leben und dessen Würde zu wahren.
Den gesamten Bericht mit Rahmeninformationen zum Gebäude finden Sie im Anhang als Download.
Ernst Wegener, Spangenberg